Identitätsfallen und das vermeintlich Normale im aktuellen Migrationsdiskurs
Leipzig, 08-JUN-11, Café KAFIČ
Diskussion um 19.00 Uhr, Installation ab 16.00 Uhr
Kuratiert von Luc-Carolin Ziemann
Mit Tine Papendick, Nahla Küsel, Rebecca Pates, Ekrem Senol
Was macht uns zu denen, die wir sind?
Unsere Herkunft? Unsere Erfahrungen? Unser Geschlecht? Unser Aussehen? Unser Name? Unser Wissen oder unsere Entscheidungen?
Wir leben in einer stark globalisierten Welt, sind aber gleichzeitig eingebunden in diverse Netzwerke, Gruppen und Communities, die unsere Identität von außerhalb beeinflussen und formen – ob wir wollen oder nicht. Wir alle sind gleichzeitig auch, wie schon der Ethnologe Claude Lévi-Strauss ausführte, selbst als Bastler, als ,,bricoleures“ unserer Identität tätig und verändern unsere Identität stetig. Das gilt in der globalisierten und stark virtualisierten Welt mehr denn je.
Identität ist das Ergebnis komplexer sozialer und psychischer Prozesse. Einige Teile unserer Identität wählen wir selbst, andere werden uns zugeschrieben, wieder andere versuchen wir mit aller Kraft abzustoßen, kurz: Identität ist eine ausgesprochen flüchtige Sache und keineswegs statisch.
In der aktuellen Debatte um Migration und Integration wird diese Tatsache leicht außer Acht gelassen. Stattdessen wird eine homogene quasi-natürliche kulturelle Identität entworfen, mit deren Hilfe ein imaginiertes nationales „Wir“ gegenüber dem „Anderen“ abgrenzbar gemacht werden soll.
Hybride Identitäten, die sich stetig wandeln und offen für neue Einflüsse sind, kommen in diesen Konzepten nicht vor – sie untergraben die Idee einer Leitkultur und die Logik einer Leitidentität.
Von den „Anderen“, zum Beispiel MigrantInnen wird gefordert, sich zu integrieren. Dabei wird der Begriff Integration als Anpassung des Fremden an eine bestehende Norm verstanden. Integration gilt als ein Prozess, den einzelne Menschen zu durchlaufen haben, bevor sie sich der Norm der neuen Heimat ausreichend angenähert haben und sich deshalb als Teil des Ganzen fühlen dürfen. Doch wie soll eine solche Norm aussehen? Wer definiert sie? In welchem Verhältnis steht die Norm zu den Individuen, die sie verkörpern? Welche Auswirkungen haben die weltweiten Migrationsbewegungen auf die Konstruktion von Identität und Vorstellungen von Normalität? Welchen Interessen dient eine solche Norm? Und was passiert, wenn sich die Menschen in dieser Norm nicht mehr wieder finden?
—————————
Mehr Informationen zur Installation: http://mishmashme.de/
Eine Veranstaltung in Kooperation mit Weiterdenken-Heinrich Böll Stiftung Sachsen, gefördert durch die Kulturstiftung Sachsen und die DEFA-Stiftung.
